Funktionsanalyse

Nicht nur Kiefergelenkknacken und Verspannungen der Kaumuskulatur sind Zeichen für eine gestörte Beziehung der Zuordnung von Oberkiefer zu Unterkiefer. Zu den Beschwerden zählen auch immer wiederkehrende Kopfschmerzen und Migräne. Der Zahnarzt ist zumeist der Letzte in der Liste aller, die auf diese Beschwerden angesprochen werden.
Durch oft nur kleine Störungen der Kauflächen zueinander, wie zum Beispiel fehlerhafte Zahnkontakte, fehlende Zähne, schlecht sitzender Zahnersatz, zu hohe Kronen oder Füllungen wird das neuromuskuläre Gleichgewicht instabil. Auch übermäßiges Kaugummikauen, das Kauen an Fingernägeln oder an Schreibgeräten führen zu einer Überbelastung der Kaumuskulatur und verursachen Spannungsschmerzen, da die Kaumuskulatur nicht zur Ruhe kommt.

Wie können wir helfen?

Die Funktionstherapie beginnt zunächst mit einer exakten Diagnosestellung, Anfertigung von Gipsmodellen der Zähne und deren Analyse. Oft kann dabei ein relativ kleiner Fehler eine große Wirkung hervorgerufen haben. Wir erstellen einen Behandlungsplan, der eine Verminderung oder Beseitigung der Beschwerden ermöglicht. Die Kosten einer solchen Behandlung werden nur teilweise von den Krankenkassen übernommen.

Bruxismus

Etwa zwei Drittel aller Menschen im mittleren Alter haben Funktionsstörungen im Kausystem; nach Karies und Parodontitis ist es die dritthäufigste Erkrankung des Kauorgans. Die jetzige, veränderte Bisslage entspricht nicht mehr der Norm! Die richtige Stellung der Kiefergelenke und die normale Funktion verschiedener Muskeln sind verloren gegangen. Mögliche Reaktionen des Organismus reichen von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu akuten Schmerzattacken. Das sog. »neuromuskuläre System« (Muskeln, Gelenke, Nerven, Zähne etc) reagiert mit Anspannung und einer Rückmeldung an das Gehirn, dass sich etwas verändert hat.

Kommt zu den oben beschriebenen Veränderungen noch Stress hinzu, geschieht es häufig, dass man mit den Zähnen zu knirschen oder pressen anfängt, besonders dann, wenn man nicht bewusst darauf achtet, beispielsweise im Schlaf oder während konzentrierter Arbeit.

Die persönliche Risikoeinschätzung für Bruxismus

Wer alle seine Probleme nachts „durchkaut“, leidet häufig unter vielfältigen, aber nicht eindeutigen Symptomen. Eine kleine Checkliste hilft, die nächtliche Aktivität aufzudecken – je häufiger Sie mit Ja antworten, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie zu den »Zähneknirschern« gehören. Sprechen Sie dann unbedingt mit uns über Ihren Verdacht.

  • Fühlen Sie sich beruflich oder privat stets gestresst und unter Druck gesetzt?
  • Wachen Sie morgens häufig mit Kopfschmerzen oder Verspannungen auf?
  • Fühlt sich Ihre Partnerin oder Ihr Partner nachts häufig von Ihrem Knirschen gestört?
  • Schmerzen morgens Ihre Zähne?
  • Sind Ihre Kaumuskeln nach dem Aufwachen verspannt, ist das erste Öffnen des Mundes schmerzhaft.
  • Beißen Sie tagsüber häufig Ihre Zähne zusammen?
  • Wenn Sie die Zähne vor dem Spiegel aneinander reiben: Passen die Reibeflächen aller Front-, Eck- und kleinen Backenzähne ohne Spalt aufeinander?
  • Ist Ihre Kaumuskulatur verhärtet?
  • Leiden Sie unter Zahnfleischrückgang an einzelnen Zähnen mit freiliegenden Zahnhälsen (besonders an den Eckzähnen)?
  • Kommt es bei Ihnen zu Rissen am Zahnschmelz?
  • Sind an Ihrer Zunge morgens Zahnabdrücke am Zungenrand zu erkennen?
  • Haben Sie das Gefühl, Ihre Schneidezähne / Eckzähne werden kürzer?

Man nimmt allerdings diese oftmals feinen Veränderungen im Lauf der Zeit nicht mehr bewusst wahr, da man sich daran gewöhnt. Das neuromuskuläre System allerdings reagiert auf diese permanente Angespanntheit mit vielerlei Symptomen.

Es wird eine Art Schutzprogramm aktiviert, dass einen zu starken Kontakt beim Zusammenbeißen auf diese falsch gestaltete Kauflächen verhindern soll.

Als Nebeneffekt dieser Ausweichbewegung erhöht sich aber der Kontakt an anderen Zahnflächen und -gruppen, die dafür aber von der Natur nicht vorgesehen waren. Daraufhin wird versucht, durch kräftige Unterkieferbewegungen über die sogenannte »Parafunktion«, den Ursprungszustand wieder herzustellen.

Dies zeigt sich über Jahre an zum Teil sehr massiven Schliffspuren und abgeschliffenen Flächen auf den Zähnen, für Sie als Patient besonders gut sichtbar an der abgenutzten Eckzahnspitze.

Klinische Funktionsanalyse

Kaubewegungen – Nahrungszerkleinerung:
Die Nahrungszerkleinerung zählt zu den primären Aufgaben der Zahnreihen. Die Höcker und feinen Einkerbungen (Fissuren) der Seitenzähne müssen hierbei reibungslose Gleitbewegungen der Zähne ermöglichen, sowohl beim Vor- und Zurückschieben des Unterkiefers wie auch bei seitlichen Bewegungen. Jeder Fehlkontakt oder Blockade der Gleitbewegungen, z. B. durch einen falsch stehenden Zahnhöcker, kann zu einer Überlastung des gesamten Kausystems führen. Muskeln, Kiefergelenke und nicht zuletzt auch die Zähne selbst können Schaden nehmen.

Denn: In Kiefergelenksnähe sind die einwirkenden Kräfte um ein Vielfaches größer als vorne im Bereich der Schneidezähne. Das ist ähnlich wie bei einer Schere: Auch hier ist die Schneidekraft weiter hinten am Gelenk sehr viel größer als an der Spitze.

Mit Hilfe des Artikulators können wir die Verhältnisse exakt abklären und bei der Gestaltung des Zahnersatzes berücksichtigen. Von Natur aus ungünstig angelegte Zahnhöcker kann man ggf. mit Hilfe keramischer Chips (den sogenannnten „occlusal tables“) verschieben. Um dabei minimalinvasiv, d. h. mit dem geringstmöglichen Verlust an gesunder Zahnsubstanz vorgehen zu können, ist eine präzise Planung der erforderlichen Präparationen unverzichtbar.

Instrumentelle Funktionsanalyse

Im ersten Schritt werden anhand von Abformungen der oberen und mittleren Zahnreihen naturgetreue Modelle der Kiefersituation angefertigt.

Mit Hilfe eines sogenannten Gesichtsbogens ermitteln wir außerdem die Lage des Oberkiefers zur Schädelbasis. Die Kaubewegungen des Unterkiefers werden exakt registriert bzw. vermessen. Die so erhaltenen Kiefermodelle, Registrate und Messwerte werden in einen Artikulator übertragen.

Ein Artikulator ist ein Gerät, mit dem Kaubewegungen nachgeahmt werden können. Dieses individuell programmierbare Simulationssystem ermöglicht es, die Kaubewegungen eines Patienten im Labor realitätsnah nachzuvollziehen, also patientenidentische Öffnungs-, Schließ- und Seitwärtsbewegungen des Kiefers zu simulieren. Oftmals gelingt es erst außerhalb des Mundes, mit Hilfes dieses dreidimensionalen Simulationsmodells, die Ursachen für die Funktionsstörungen zu ermitteln.

Die klinische und instrumentelle Funktionsanalyse hat sich bei der Planung und Herstellung von Füllungen, Inlays, Kronen, Brücken und umfangreichen implantatgestützten Rehabilitationen sowie bei der „Umstellung“ von Zähnen durch kieferorthopädische Maßnahmen bewährt. Ebenso bei Erkrankungen der Kiefergelenkte (Gelenkknacken, Schmerzen, Bewegungseinschränkungen), bei Verspannungen und Schmerzen der Kaumuskulatur und bei Erkrankungen oder Fehlbelastungen des Zahnhalteapparates (Parodontitis).

Therapie von Funktionsstörungen

Die dauerhafte Beseitigung funktioneller Störungen erfordert häufig ein ganzes Bündel von Behandlungsmaßnahmen:

funktionelle Vorbehandlung des Kiefer-, Muskelsystems bei Schmerzsymptomen

umfangreiche restaurative und prothetische Versorgungen im Rahmen der definitiven Therapie zur Rekonstruktion und Erhaltung des Gebisses. Hier muss unter Umständen eine komplett neue Oberflächenstruktur der Zähne durch Füllungen, keramische Kauflächenchips und Kronen nach vorausgegangener Ausführung am Gipsmodell (sog. „Wax up“) aufgebaut werden.
Ein solches Wax up ist eine, vor Beginn der eigentlichen Behandlung, unter Berücksichtigung aller Patientenwünsche und funktionellen Aspekte in Wachs erstellte Simulation der endgültigen Versorgung. Der Vorteil liegt darin, dass in diesem Stadium noch problemlos Formveränderungen vorgenommen werden können.

Die Notwendigkeit eines Langzeitprovisoriums ergibt sich, sobald eine komplexe Umstellung der Zahnstellung, der Zahnform und der Kontaktposition zu den Gegenzähnen bei Kaubewegungen (Okklusion und Artikulation) erfolgen soll. Dadurch bekommt die zukünftige Position und Funktion der langfristig rekonstruierten Situation eine deutlich bessere Prognose.